Fürs Daily habe ich Teams verwendet. Neu war dies nicht – bereits vor Corona hatten wir Projektmitarbeiter im Home-Office. Geändert habe ich hier die Timebox von maximal 15 auf neu 30 Minuten. Dies, weil die reinen Telco Dailies oft einfach ein wenig mehr Zeit brauchten infolge der zusätzlichen Moderation und um mehr Raum für den gemeinsamen Austausch zu geben. Aus dem ‹Daily Stand-up› wurde also ein ‹Daily Stay Seated and Open Teams›. Auch für Refinements war eine Telco in Teams die Basis. Um trotz der Distanz und ohne physische Scrum Karten gemeinsam zu schätzen, stehen viele Tools zur Verfügung. Ich habe hier auf planitpoker.com gesetzt und damit gute Erfahrungen gemacht. Wichtig war mir bei der Toolauswahl, dass sich Teilnehmer nicht registrieren müssen, sondern direkt via Link mitschätzen können. Auch bei Review und Planning habe ich Teams verwendet, die Schwierigkeit hier: sollen im Review Lösungen gezeigt werden, die nicht über Screensharing präsentiert werden können (wie z.B. physisches Gerät dessen LED blinken), so ist dies virtuell nicht ganz so einfach.
Grösste Herausforderung für mich war die virtuelle Retrospektive, da ich gerade hier gerne kreativ bin und bewusste verschiedene und möglichst auch physische Mittel nutze. Bei der ersten Retro habe ich auf Fragen mit mentimeter.com gesetzt. Das Tool war aber zu starr und zu wenig interaktiv. So konnten z.B. keine Inputs bewertet und gruppiert werden. Auch wurde mir bewusst, dass ich die Retro zu komplex und umfangreich geplant hatte – virtuelle Meetings brauchen Einfachheit und klare Strukturen, um effektiv zu sein und die Timebox nicht zu überschreiten. So wechselte ich für die weiteren Retros auf Trello und habe hier mit der Vorlage von meiner Arbeitskollegin Nathalie gestartet (https://trello.com/b/9dGYgDKQ/retrospektive). Die Struktur der Retro ist dabei in Swimlanes abgebildet und die gesamten Trello Features konnten zur Interaktion verwendet werden – für mich aber dann fast wieder zu viele. Bemängelt wurde hier auch, dass sich jeder Einzelne registrieren musste. Entsprechend habe ich nach einer weiteren Lösung gesucht und bin bei der letzten Retro mit dem retrotool.io glücklich geworden. Ohne Login bietet es die Basisfunktionen für eine klassische Retro mit Swimlanes und Post-it. Eingestiegen bin ich dabei mit einem Montagsmaler auf awwapp.com und Screensharing in Teams.
Nicht nur die richtigen Tools zu finden war herausfordernd, sondern auch die Moderation, die ich der neuen Situation anpassen musste. Da man als Gruppe nicht physisch zusammen ist, ist es mir jeweils schwergefallen, die Stimmung herauszufühlen. Auch die Körpersprache, die normalerweise viel aussagt, war faktisch inexistent. Entsprechend habe ich z.B. bei einer Retro zu spät in die Diskussion eingegriffen, leider erst als die Situation bereits eskaliert ist und ein Teilnehmer die Retro verlassen hat.
Scrum in virtuellen Teams zu leben ist also rein vom Tooling und der Technik her kein Problem. Sachlich und informativ kann schnell kommuniziert und ausgetauscht werden. Ein Augenmerk gilt aber der veränderten Moderation und Organisation der Meetings und herausfordernd wird es dann, wenn die Metaebene an Meetings stark gewichtet ist, wie z.B. an einer Retrospektive. Hier könnte allenfalls eine ‹Video On› Policy im Unternehmen oder im Scrum Team helfen.